Goethe, die Mineralogie und der Harz - GOETHIT

Landkreis MAGAZIN Nordhausen, Jürgen Wesiger

Es gibt wohl keinen Dichter, dessen naturwissenschaftlichen Studien soviel Aufmerksamkeit zuteil wird, wie denen von J. Wolfgang von Goethe. Geboren in einer Zeit, in der das Geistesleben enorme Fortschritte erfuhr, wo man im großen Stil versuche, philosophisch und naturwissenschaftlich die Entstehung der Welt und die Schöpfung des Menschen im Besonderen zu erklären, war es Goethe dank seiner universellen Genialität und seiner gesellschaftlichen Stellung möglich, großen Einfluß auf Kultur und Wissenschaft im damaligen Europa auszuüben. Fast mit allen bekannten und berühmten Persönlichkeiten befand er sich durch Korrespondenz oder gemeinsame Arbeit im Wissensstreit. Besondere Bedeutung kommt dabei seinen Forschungen auf den Gebieten der Mineralogie und Geologie zu, denen er zeitlebens verbunden blieb.

Im Laufe seines Lebens sammelte Goethe ca. 18.000 Minerale und Gesteine, welche er zum größten Teil selber fand. Dabei kam es ihm nicht darauf an, nur schöne und kostbare, sondern typische Mineralien eines Gebietes zu sammeln. Er war der Ansicht, dass durch Beobachtung und Vergleich der Gesteine Rückschlüsse auf die Art und Weise der Zusammensetzung und Bildung der Erdrinde möglich sind. In seinem großen „mineralogischen „ Brief vom 11./13.10.1780 berichtete Goethe seinem Freund Merck: „Nun muß ich Dir von meinen Mineralogischen Untersuchungen einige Nachrichten geben. Ich habe mich diesen Wissenschaften, da mich mein Amt dazu berechtigt, mit einer völligen Leidenschaft ergeben ... Ein junger Mensch, der auf der Freiberger Akademie studiert und von daher eine außerordentlich reine Nomenklatur hat, ist mir von größtem Nutzen ... Und so lasse ich diesen Menschen seit ungefähr einem halben Jahr ... das Land durchreisen und schränke mich nicht philisterhaft ... darauf ein, ob dieser Berg oder jener Berg dem Herzog von Weimar gehört oder nicht ...„Im Dezember 1784 schrieb er Merk: „ Vom Harz werde ich bald die wichtigste Suite zusammen haben, die existieren kann. Von Gebirgsarten versteht sich; denn nach reichen und kostbaren Stufen lasse ich mich nicht gelüsten, es ist mir auch zu dem, was ich vorhabe, wenig an Kostbarkeiten gelegen ...„Es ist belegt, dass Goethe bei seinen Reisen an allen Steinbrüchen, Bergwerken und sonstigen Aufschlüssen halt machte, um Gesteinsproben zu bergen, dass er den Schotter der Strassen untersuchte, über die er ritt und daß er aufmerksam das Geröll einer Furt untersuchte.

So bekannt und geachtet waren Goethes Studien der Mineralogie, dass man noch zu seinen Lebzeiten ein Mineral nach ihm benannte. Er schrieb dazu1819: „ ... denen Herrn Cramer und Achenbach bin ich dafür noch viel Dank schuldig ... Mir war es genug, dass bei einem so schönen Naturprodukt man auch nur einen Augenblick an mich gedacht hat ...„ Gemeint ist „Goethit„, ein Brauneisenerz. Heute werden so alle nadlig-kristallinen Eisenhydroxide bezeichnet. Zu Goethes Zeiten wurde Lepidokrokit als Goethit bezeichnet. Dieses Mineral ist sehr schön. Durchscheinende rote Kristallblättchen sind oft zu Rosetten vereint und auf entsprechender Matrix sehr attraktiv. Es ist dem Ehepaar Magret und Werner Mehnert als den Organisatoren der Erfurter Mineralienbörse in der Thüringenhalle zu verdanken, dass dort zumindest für zwei Tage im Goethejahr 1999 eine Sonderausstellung, welche Goethe als Mineralogen gewidmet wurde, zu sehen war. Überwiegend Thüringer Minerale von Standorten, wo Goethe einst wirkte, wurden in hervorragender Qualität ausgestellt, allen voran das Mineral Goethit. Viele der Mineralstufen waren erstmals aus Goethes Mineralsammlung in Weimar der Öffentlichkeit zugänglich.Auch in den Ilfelder Mangan- und Eisenlagerstätten konnten in den letzten Jahren erstmals gute Goethit-Mineralstufen nachgewiesen werden, welche man in den Vitrinen der Sammlung Wesiger in Ilfeld bewundern kann. Diese Mineraliensammlung, als Regionalsammlung des Thüringer Süd-Harzes hat die Aufgabe, die Mineralogie, Geologie und Bergbauhistorie dieser Region zu dokumentieren, um einen Beitrag zum wachsenden Naturverständnis und zum Erhalt von vergangenen und heutigen Wissen für nachfolgende Generationen zu sichern.

Diese Aufgabe hätte bestimmt auch dem Mineralogen und Naturforscher Goethe zugesagt, denn er schrieb 1816 dem Staatsminister von Voigt:      

„Von Berges Luft, den Äther gleich zu achten,
Umweht, auf Gipfelfels hochwaldiger Schlünde,
im engsten Stollen, wie in tiefsten Schachten
ein Licht zu suchen, dass den Geist entzünde,
war ein gemeinsam köstliches Betrachten.
Ob nicht Natur zuletzt sich doch ergründe?
Und manches Jahr des stillsten Erdenlebens
ward so zum Zeugen edelsten Bestrebens.“

Werbepartner