Letzter Bergbau im Ilfelder Tal


Manfred Bornemann

Aus der Betriebszeit 1946 bis 1949

Brennstoffreserven für die heimische Wirtschaft

Bergassessor Hans Jähde, beschäftigt bei der Firma „Gebhardt & König – Deutsche Schachtbau AG, Nordhausen", machte unmittelbar nach Kriegsende im Mai 1945 der Stadtverwaltung Nordhausen, als diese noch unter amerikanischer Besatzung arbeitete, den Vorschlag, das Steinkohlen-Vorkommen bei Ilfeld auszubeuten. (1)
Doch vorerst gab es dringendere Aufgaben beim Aufbau der weitgehend zerstörten Stadt. Jähde verfolgte seinen Plan weiter und erhielt bald Unterstützung von höherer Stelle. Im Januar 1946 drängte die Landesregierung Thüringen darauf, bekannte Brennstoff-Reserven zu erschließen. Das Land Thüringen hatte keinen direkten Zugriff mehr auf die großen Betriebe der Braunkohlen-Industrie, und Lieferungen von außerhalb waren nicht mehr zu erwarten. Der damalige Landespräsident Dr. Paul wies den Oberbürgermeister von Nordhausen Dr. Schultes an erkunden zu lassen, ob Ilfelder Steinkohle zur Versorgung des Landes gewonnen werden könne, und schaltete gleichzeitig den Dipl.-Bergingenieur Dr. Friedrich Gloeckner, Nordhausen, als Berater ein. (2)


Daraufhin beauftragte Dr. Schultes den Bergassessor Jähde mit der geologischen und technischen Erkundung des Steinkohlen-Vorkommens bei Ilfeld. Die Untersuchungs- und Planungsarbeiten erfolgten im Februar 1946 in enger Fühlungsnahme mit Dr. Friedrich Gloeckner und Dr. Franz Meinecke, beide Nordhausen, auf Grund einer Anweisung von Dr. Franzen vom Wirtschafts-Ministerium Thüringen, Abteilung Planungsarbeiten. (1)
Die Firma „Gebhardt & König – Deutsche Schachtbau AG, Nordhausen" wurde am 9. Februar 1946 sequestriert und stand von diesem Zeitpunkt an unter der treuhänderischen Verwaltung des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr – Amt für Industrie und Brennstoffe Weimar. (3) Dem Treuhänder in Weimar war an einer schnellen Planung und Förderung gelegen, die Betriebsleitung in Nordhausen war bei den katastrophalen Verkehrsverhältnissen eher daran interessiert, ihre Kapazitäten möglichst am Ort zu reaktivieren. Maschinenfahrsteiger Willy Kautz urteilte später rückblickend über die ersten Untertage-Arbeiten seiner Firma nach dem Krieg im Ilfelder Tal: "Diese Arbeiten waren der Grundstein für die Entwicklung von Arbeitskollektiven zur Übernahme weiterer bergmännischer Aufgaben." (3)

Für laufende Untersuchungen, Schürfarbeiten und Planungen, die Jähde für seine unter Sequester Stehende Firma leitete, stellte die Stadt Nordhausen die ersten Finanzmittel bereit. Untersucht wurden die alten Baue am Poppenberg, am Rabenstein und am Netzberg, die in der Vergangenheit Kohle geliefert hatten. Auf einer Sitzung beim Landespräsidenten Dr. Paul am 18. April 1946 in Weimar, auf der russische Offiziere, der Präsident der Landesbank Dr. Gärtner, Weimar, ein Vertreter von Oberbergrat Baumann, Weimar, Oberbürgermeister Himmler, Nordhausen sowie Direktor Schröder und Bergassessor Jähde als Vertreter der Bergbaufirma teilnahmen, wurden Pläne auf Grund des von Jähde vorgelegten Gutachtens erarbeitet und genehmigt. Die Pläne sahen intensive Arbeiten im Stollen 7 und 8 im Brandesbachtal und im Richterschacht vor sowie acht Schürfe und Bohrungen. Major Kaplun von der Besatzungsmacht forderte eine großzügige Erschließung und stellte jede Unterstützung in Aussicht, die sich auf die Bereitstellung von Baracken, Dieselöl, Sprengmaterial, Maschinen und Verpflegung für max. 150 Köpfe erstreckte. (1)
Im Mai 1946 fand in Weimar eine weitere Konferenz statt, zu der der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr des Landes Thüringen, Hüttenrauch, eingeladen hatte. Bergbaugebiete, die in der Vergangenheit in Thüringen Steinkohle geliefert hatten und nun wieder in den Blickpunkt der Wirtschaft geraten waren, standen zur Diskussion. Die Wirtschaftsvertreter legten den Anwesenden Sachverständigen für Geowissenschaften und Bergbau ihre Pläne vor. Es ging um die Vorkommen im Harz (Ilfeld) und im Thüringer Wald (Crock bei Eisfeld, Tabarz, Ruhla und Manebach). Rudolf Meinhold, damals Betriebsleiter und Gutachter für Bodenschätze in Thüringen, war anwesend und erinnerte sich:
„Das größte Projekt war Ilfeld. Es wurde vor allem durch Mitarbeiter des Schachtbaubetriebs Gebhardt & König in Nordhausen vertreten. Wenn man ihren Darstellungen glauben wollte, dann wäre in Ilfeld so etwas wie ein zweites Ruhrgebiet zu erwarten gewesen. Einige Geologenversuchten zu dämpfen, aber die allgemeine Euphorie achtete wenig darauf. Die Nordhäuser hatten insbesondere im Sinn, ihre mehr oder weniger brach liegenden Bergbaukapazitäten unterzubringen und legten ein Projekt vor mit Aufschluß durch Vertiefung des Richterschachtes und sein Ausbau mit zweitrümiger Förderung sowie einer Doppelbahnstrecke in der Lagerstätte, die für eine 100.000-t-Anlage ausgereicht hätte. Als mögliche Verwendung für die Kohle schlugen sie ein Kraftwerk und eine Ziegelei vor, denn auch der Bedarf an Baustoffen war damals groß. Das beachtliche Projekt wurde angenommen und der Bau begonnen." (4)


Zur Finanzierung des Projektes wurde im Juni 1946 die „Nordthüringer Steinkohlen GmbH" mit Sitz in Weimar, Steubenstrasse 15, gegründet. Beteiligt an der neuen Gesellschaft waren die Stadt Nordhausen und die Thüringische Rohstoff AG. Mit Wirkung vom 1. August 1946 übernahm diese Firma den Ilfelder Betrieb und richtete in Ilfeld, Ilgerstrasse 32, neben (unterhalb) des Hotels „zur Tanne" ein Büro ein. Es war besetzt mit Obersteiger Gratz und Kaufmann Eichentopf. (1)
Am 9. Mai 1947 wurde die sequestrierte Nordhäuser Bergbaufirma unter der Firmenbezeichnung „Deutsches Schachtbau- und Tiefbohrunternehmen vormals Gebhardt & König, Landeseigener Betrieb, Nordhausen" durch Befehl Nr. 94 der SMA als LEB (5) in Volkseigentum überführt. Die Leitung des Betriebes wurde dem bisherigen Sequester und Werkdirektor Benno Schröder übertragen. (3) In den folgenden Abschnitten wird die Firma kurz als „Schachtbau" bezeichnet.


Anlagen und Betrieb


Im Ilfelder Tal zwischen Ilfeld und dem Ortsteil Netzkater wurde das 1861 bis 1865 vom Ottostollen aufgeschlossene Grubenfeld „Konsolidiertes Bergwerk Rabenstein" zuletzt von der Gewerkschaft „Wentzelszeche" 1921 bis 1924 ausgebeutet. (6) Auf dieses Grubenfeld richteten sich 1946 die Hoffnungen, nachdem sich die Arbeiten auf den Grubenfeldern unter dem Poppenberg als wenig aussichtsreich heraus gestellt hatten und 1947 eingestellt worden waren. (1)
Die Gewerkschaft „Wentzelszeche" hatte nach dem Ersten Weltkrieg das Lichtloch II des Ottostollens zu einem Förderschacht erweitert und diesen zu Ehren des 1920 verstorbenen Geh. Bergrats Karl Richter vom Bergrevier Nordhausen-Stolberg „Richterschacht" genannt. Die unter dem Netzberg (siehe Karte) gewonnene Kohle wurde über den zu einer Förderstrecke ausgebauten Ottostollen mit Benzollokomotiven dem Richterschacht (Förderschacht) zugeführt. Gefördert wurden 4.030 t (1922) und 5000 t (1923) mit 160 Mann (1923). (7)




Im Jahr 1946 wollte man da wieder ansetzen, wo die Arbeiten im Frühjahr 1924 zum Erliegen gekommen waren. Das waren zwei Betriebspunkte im Richterschacht: im Ottostollen, wo das Flöz 1.079 m vom Mundloch nördlich der Abzweigung der Rabensteiner Strecke vom Hangenden her angetroffen und in Richtung NW weiter verfolgt und abgebaut worden war, zum anderen auf der 2, Sohle (65-m-Sohle), auf der das Flöz vertaubt angetroffen worden war. Zusätzlich sollte das Flöz unter dem Poppenberg weiter untersucht werden. (1)


Am 19. Juni 1946 kam es zu einer Aussprache über die Weiterführung der Arbeiten. An den Verhandlungen nahmen teil: Vertreter der „Zentralverwaltung der Brennstoff-Industrie", Vertreter der „Sächsischen Steinkohle", Professor Deubel vom Geologischen Landesamt Thüringen, Vertreter der Bergbau-Inspektion Weimar, Vertreter von der „Nordthüringer Steinkohlen GmbH und vom „Schachtbau Nordhausen". (1)
Fritz Deubel leitete die Aussprache mit einem Referat über die geologische Situation der Lagerstätte ein. Sodann stand der Betrieb am Pappenberg auf dem Programm, wo die Suche nach Kohle noch immer nicht zu einen guten Ergebnis geführt hatte. Martin Gratz schlug vor, den Wasserstollen im Brandesbachtal aufzuwältigen und das Flöz an dieser Stelle auf seine Bauwürdigkeit zu untersuchen. Aber auch das Schürfen östlich von Stollen 8 und von der Bohrung im Gottestal erhoffte man sich Aufschlüsse. (1)
Gemeinsam wurde beschlossen, die Arbeiten im Richterschacht wie geplant auf der 2. Sohle fortzusetzen. Dort sollte der zweigleisige Füllort gegen W bis auf 65 m und die Strecke in Richtung NW aufgefahren werden. Die Frage, ob die Richtstrecke im Flöz oder im Hangenden des Flözes in mehr westlicher Richtung aufzufahren sei, blieb vorerst unbeantwortet. Auch die Wetterführung wurde angesprochen, denn man war sich klar darüber, dass eine rückläufige Bewetterung auf dem langen Förderweg keine Lösung sein könne. Es sollte daher eine Verbindung mit einem im Kalten Tal abzuteufenden Wetterschacht hergestellt oder aber ein Wetterloch von mindestens 500 m lichte Weite niedergebracht werden. Professor Deubel regte dann noch eine Bohrung im oberen Fischbachtal an, um die Ausbildung des Flözes westlich vom Richterschacht zu erkunden. Die Bohrungen wurden noch 1946 ausgeführt.


Einig war man sich darüber, dass die Erkundungen im Ottostollen nicht weiter geführt werden sollten. Die alte Förderstrecke war an der Gabelung der Strecken ins kalte Tal und nach dem Rabenstein zu Bruch gegangen. Da die Bruchaufwältigung die Wassergerechtsame der Stadt Nordhausen berührt hatte, wurde darauf verzichtet, die Strecke wieder befahrbar zu machen. (Die Stadt Nordhausen hatte 1885 das Recht erworben, das am Mundloch ausströmende Wasser für die Trinkwasserversorgung zu nutzen. Der Stollen wurde danach bis zum 2. Lichtloch ausgemauert). (1)
Im Juni 1946 waren auf der Halde neben der Reichsstrasse der etwa 8 m hohe aus Rundhölzern (Fichte) bestehende Förderturm (mit einer Seilscheibe) aufgerichtet und der Schacht bis zur Endteufe aufgewältigt, gesümpft und abgedichtet worden. (1) Nach und nach entstanden auf der alten Halde von 1924 weitere Einrichtungen (siehe Zeichnung): (8)

1 Transformatorhaus aus Holz zur Stromversorgung für den Förderhaspel, den Kompressor, die Sümpfpumpe und die Maschinen
1 Fördermaschinenhaus (festes Gebäude)
1 Kompressorhaus mit Werkstatt und Magazin (Baracke links vom Förderturm)
1 Kaue (Baracke auf Fundamentplatte ganz links im Bild)
1 Baracke neben der Auffahrt mit Büro und Zimmer für den Obersteiger
1 Baracke für die Steiger („Steigerbude")

Zuletzt wurde 1948 noch eine Verladestelle mit Kippeinrichtung für Förderwagen über der Begrenzungsmauer angelegt. (8)
Neben Betriebsleiter Martin Gratz, der schon auf der „Wetzelszeche" als Obersteiger die Lagerstätte kennen gelernt hatte, sind noch folgende Namen von Steigern bekannt: Schröter (Obersteiger), Rittweger, Täubner, Beinroth, Fahnert (Maschinensteiger) und Reinhardt. (8)
Die angelegten Arbeiter waren keine ausgebildeten Bergleute. Sie kamen aus Ilfeld und Umgebung. Unter ihnen war ein beträchtlicher Teil von Flüchtlingen und Vertriebenen aus Ostdeutschland; aber auch Nationalsozialisten, die man aus den Ämtern gejagt hatte, gehörten zur Belegschaft. Sie arbeiteten als Fördermaschinisten, Kompressorwärter und Untertage-Arbeiter. Für Mitarbeiter, die aus weiter entfernt gelegenen Wohnorten kamen, standen Unterkünfte in drei Baracken an der Strasse nach Rothesütte in Netzkater bereit. Dort war auch die Küche untergebracht. (8)
Im Durchschnitt waren auf dem Bergwerk „Richterschacht" 40 bis 80 Mann, maximal 100 Mann beschäftigt. Zuletzt (1949) fuhren noch 70 Mann ein. Gearbeitet wurde in drei Schichten zu acht Stunden. (8)


Mit der Richtstrecke war man dem Flöz in Richtung W-Nw gefolgt (siehe Karte). Das Flöz war in flachen Mulden und Sätteln gelagert, die mit den Schichten nach SW einfielen. Wollte man im Flöz bleiben und das Streckenniveau halten, musste man bei der flachwelligen Neigung eine gewundene Strecke auffahren. Das hatte den Nachteil, dass die Verbindung mit dem Wetterschacht im Kalten Tal erheblich länger ausfiel. Von Vorteil war, dass man Änderungen im Flöz und die Qualität der Kohle stets im Auge hatte und permanent Kohle gewinnen konnte.
Anfang des Jahres 1948 wurde die "Nordthüringer Steinkohlen GmbH" abgelöst von der „VVB Mineral und Erz Thüringen" und der Betrieb von nun an unter der Adresse „Thüringer Kohlenindustrie – Steinkohlenwerk Ilfeld" geführt. (1)
Damit waren Planung und Überwachung in den Verantwortungsbereich von Rudolf Meinhold gelangt. Zum Zeitpunkt der Übergabe war die Richtstrecke rund 700 m weit vorgetrieben, doch war die Bewetterung noch immer nicht zufriedenstellend gelöst. Sie erfolgte durch Lutten mit dem Richterschacht als einziehenden und ausziehenden Schacht. (9)


Im Kalten Tal war der Wetterschacht auf 28 m Teufe nieder gebracht worden, doch fehlten bis zum Streckenvortrieb unter dem Netzberg noch 500 m Wetterstrecke (s. Karte). (8)
In dieser unbefriedigenden Lage wurde die Richtstrecke durch die VVB gestundet und eine andere Lösung der Bewetterung angestrebt. Nun wurden Abbaustreben vorgerichtet. Zuerst wurde Streb-Bruchbau angewendet. Aber der erwies sich als undurchführbar, weil der auftretende Gebirgsdruck nicht mehr beherrscht werden konnte. Es wurde daher ab Mai 1949 die Abbaumethode umgestellt auf einen schwebenden Strebbau mit Versatz, der in senkrecht zum Abbaustoß stehenden Versatzrippen vom 3 m Stärke nachgeführt wurde. Zwischen den Versatzrippen wurde das Hangende zu Bruch geworfen, wobei der Streb durch hölzerne Stempel gesichert wurde. Für die Zukunft war Durchschlag zu den alten Bauenaus der Betriebszeit von 1923/24 vorgesehen mit Wetterführung durch die abgeworfenen Grubenbaue zum Ottostollen. (4)
Der Autor erinnert sich, dass im Zuge dieser Planungen 1948 das Lichtloch 111 des Ottostollens mit einem hölzernen Schachtgerüst überbaut wurde. (8)

Flözaufbau, Förderung, Verkauf

Die Hängebank des Richterschachtes lag bei 311,78 m über NN, die 1. Sohle (Ottostollen) bei 278,24 m über NN, der Füllort auf der 2. Sohle (65-m-Sohle) bei244,68 m über NN. (4)
Die Betriebsleitungen erlaubten es Wissenschaftlern, im Betrieb Untersuchungen im Flöz vorzunehmen. So konnte Dr. Willi Scharf, Halle/S., 1923 auf der 1. Sohle die Sedimente mit dem Flözhorizont im Ottostollen, in den Abbauen und auf der Rabensteiner Strecke in Bezug auf Stratigraphie und Tektonik untersuchen und Profile zeichnen. Er veröffentlichte die Ergebnisse seiner Arbeit im Jahrbuch des Halleschen Verbandes 1924 als „Beitrag zur Geologie des Steinkohlengebietes im Südharz". Auf der 2. Sohle nahm Otfried Wagenbreth, Weimar, 1949 für eine Meldearbeit beim mineralogischen Institut der Bergakademie Freiberg Proben. Seine Arbeit hat er im November 1969 neu bearbeitet und mit zahlreichen Abbildungen (Stoßaufnahmen, Profile) veröffentlicht und damit Beiträge zur Feinstratigraphie und Paläogeographie des Rotliegenden im Harz und zur Klärung des Problems saxonischer Tektonik innerhalb der Harzscholle geliefert. (10)
Wagenbreth untersuchte die Kohle führende Schicht in der Richtstrecke („kleintektonische und petrotektonische Beobachtungen") in den Sattelzonen 0 bis 150 m und 350 bis 520 m ab Füllort sowie in der Muldenzone 520 bis 680 m ab Füllort. Nach seinen Beobachtungen folgt die Richtstrecke nicht exakt dem Flözhorizont: man war mit den Auslenkungen der Strecke in den Mulden, besonders in der Zone 150 bis 350 m ab Füllort, zu weit ins Liegende gekommen. Die Stoßaufnahmen zeigen die Kohlebänke verworfen, zerrissen, gefaltet, verdrückt und überschoben und bestätigen die Erfahrungen der Alten, nach denen die Kohlebänke in den Mulden am besten ausgebildet sind. (10)
Die wechselnden Verhältnisse in der Flöz führenden Schicht – das Flöz vertaubte zuweilen in den Sattelzonen – machten den Betrieb unrentabel. Zudem war die Steinkohle von schlechter Qualität. Der neben Kohle auftretende Brandschiefer tritt in allen Stufen zwischen Schieferton und Kohle auf. Zuweilen wurde deshalb Brandschiefer als Mattkohle angesehen. Eine Separation von Hand ist da nur schwer möglich. Eine Aufbereitung der Kohle, d. h. eine Trennung der Kohle von allen Verunreinigungen wäre eine kostspielige Lösung gewesen.
Flachweilige Lagerung, Tonbeimengungen und Vertaubungen weisen auf die Unruhe bei der Bildung der Kohle in der Rotliegendzeit vor 230 Mill. Jahren hin. Dann haben starke Bewegungen, besonders bei der Heraushebung des Harzes, große Störungen (im Brandesbachtal und im Kalten Tal sowie weiter südlich durch Ilfeld und den Lienberg verlaufend) geschaffen und Verwerfungen zweiter und dritter Ordnung, die das Flöz zerbrochen und durch bewegt haben. (10)

Durch den niedrigen Aschenschmelzpunkt und den Tongehalt blähte die Kohle auf und verschlackte schnell. Es war deshalb von vornherein daran gedacht, die Kohle in Großfeueranlagen bei hohen Temperaturen industriell zu nutzen und nicht als Hausbrand zu verkaufen.
Dr. Gloeckner schlug 1946 vor, eine in Thüringen in Kisten verpackte Kohlenstaub-Feuerungsanlage im Kraftwerk Bleicherode aufzubauen und mit Ilfelder Kohle zu feuern. Dazu ist es aber nicht gekommen. (2)
Bergassessor Jähde dachte daran, den Brandschiefer nach Separation zu verschwelen. In seinem Gutachten vom Februar 1946 berichtete er von einem Laborversuch in der Schwelwerke AG Gölzau. Zur Durchführung eines Großversuchs sah sich diese Firma aber nicht in der Lage. (1)
Man fand einen Großabnehmer in der Saline Salzungen, die wieder in Betrieb genommen wurde, aber kein Brennstoffkontingent hatte. Die Saline nahm aber die unreine Kohle bald nicht mehr ab. (4)
Geringe Mengen wurden von Kohlenhändlern im Kreis Nordhausen aufgekauft, die die Kohle vom Richterschacht holten und ab Hof als Hausbrand verkauften. Großhändler versuchten, die Ilfelder Kohle zu „veredeln" indem sie diese mit anderen Brennstoffen mischten und pressten. Ein Erfurter Abnehmer hatte aber mit diesen Versuchen wenig Erfolg. (8)

Im Mai 1949 lagen noch etwa 1.000 t Fördergut auf Halde. Spöttisch wurde von „feuerfestem Brennstoff" oder „Ilfelder Feuerlöschmittel" gesprochen. (9) Der Kohlenhändler Albert Busse , Nordhausen, Lange Strasse, streckte seine Braunkohlen-Kontingente mit Ilfelder Kohle und stellte aus einer ausgewogenen Mischung „Presskohle" her. Er war zuletzt ständiger Abnehmer der Ilfelder Kohle. Er verkaufte den Zentner für 11,25 Mark und belieferte damit auch Großstädte. (8)
Das Steinkohlenwerk Ilfeld arbeitete mit erheblichen Zuschüssen: Einnahmen von 27 Mark standen Betriebskosten von 50 Mark gegenüber. Deshalb wurde das Werk im August 1949 kurzfristig stillgelegt, als ein Kompressor ausfiel und kein Ersatz beschafft werden konnte. Alle Einrichtungen, selbst die Sandsteinquader der Begrenzungsmauer, wurden abtransportiert und zum größten Teil im Bahnhof Ilfeld von Lastwagen in aufgebockten Güterwagen der Reichsbahn umgeladen. (8)
Insgesamt wurden knapp 10.000 Tonnen Kohle gefördert und abgesetzt, davon während der Betriebszeit der VVB ca. 7.300 Tonnen. (4)



Quellen, Hinweise, Erläuterungen
1 - Akten der Nordhäuser Firma „Gebhardt & König – Deutsche Schachtbau AG" bzw. "Deutsches Schachtbau- und Tiefbohrunternehmen vormals Gebhardt & König VEB"
2 -Friedrich Gloeckner: Steinkohle Ilfeld. Zeitschrift „Der Nordhäuser Roland", Nordhausen 1956
3 - Autorenkollektiv: Schachtbau Nordhausen 1947 – 1987, Vierzig Jahre volkseigen. Nordhausen 1987
4 - Rudolf Meinhold: Steinkohlenbergbau in Thüringen 1946 – 49. Zeitschrift der geolog. Wiss., Berlin 1980 Seiten 1321 – 1331
5 - Abkürzungen: SMA = Sowjetische Militär-Administration, VEB = Volkseigener Betrieb, LEB = Landeseigener Betrieb, VVB Vereinigung Volkseigener Betriebe
6 - J. Weigelt: Das Steinkohlenvorkommen von Ilfeld im Südharz. Jahrbuch des Halleschen Verbandes 1922
7 - Jahrbuch der Deutschen Braunkohlen-, Steinkohlen-, Kali- und Erz-Industrie, XVI. Jahrgang 1925
8 -Nach aufgezeichneten Aussagen von Betriebsangehörigen bzw.auch der Erinnerung des Autors
9 -Schreiben von Prof. em. Dr. R. Meinhold vom 02.03.1982 an den Autoren
10 - Otfried Wagenbreth: Zur Feinstratigraphie, Paleogeographie und Tektonik der steinkohlenführenden Schichten im Unterrotliegenden von Ilfeld (Harz), Zeitschrift GEOLOGIE, Jg. 18, Heft 9,. Akademie-Verlag, Berlin, Seiten 1045 – 1061

Für Hinweise und Belege dankt der Autor den Herren Ullrich Mallis, Nordhausen, Horst Maibohm, Niedersachswerfen, und Rudolf Pittner, Nordhausen.

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